Vitamin D und Magnesium – die übersehene Verbindung
Die Wirkung von Vitamin D ist von einer Reihe anderer Nährstoffe abhängig, die als Kofaktoren im Vitamin-D-Stoffwechsel eine Rolle spielen. Während sich mittlerweile herumgesprochen hat, dass Vitamin D idealerweise stets zusammen mit Vitamin K2 eingenommen werden sollte, wird die zentrale Bedeutung von Magnesium bei der Vitamin-D-Versorgung leider noch immer häufig übersehen. Magnesium ist wichtig für gleich drei kritische Punkte (1):
- Vitamin-D-Enzyme Die Enzyme, welche Vitamin D in seine verschiedenen Formen umwandeln, sind abhängig von Magnesium.
- Transportmoleküle Die Vitamin-D-Transportmoleküle im Körper benötigen ebenfalls Magnesium.
- Vitamin-D-Regulation PTH, ein Hormon der Nebenschilddrüse, das den Stoffwechsel von Vitamin-D reguliert, wird stark durch Magnesium beeinflusst.
Alle bekannten Enzyme im Vitamin-D-Stoffwechsel benötigen Magnesium – ohne das Mineral kann Vitamin D deshalb nicht in seine aktiven Formen umgewandelt werden. Bei einem Magnesium-Mangel funktioniert auch der Transport und das Regulationssystem des Vitamin-D-Hormons nicht korrekt, wodurch Vitamin D ebenfalls zum Teil wirkungslos bleibt.
Insgesamt ist Vitamin D also extrem abhängig von einer guten Magnesium-Versorgung.
Einführende Informationen zum Thema Kofaktoren in unserem Übersichts-Artikel:
Magnesium und die Vitamin-D-Enzyme
Vitamin D durchläuft im Körper mehrere Umwandlungsschritte, bevor es seine eigentlich aktive Form als Vitamin-D-Hormon (Calcitriol) erreicht. Für jeden dieser Umwandlungsschritte sind bestimmte Enzyme notwendig. All diese Enzyme sind wiederum abhängig von Magnesium. (2-4) Bei einem starken Magnesium-Mangel wird die Fähigkeit des Körpers, Vitamin D in seine aktiven Formen zu verwandeln stark eingeschränkt – das Vitamin bleibt dann trotz guter Versorgung wirkungslos. (5) Auch das Vitamin-D-Transportmolekül DBP wird durch Magnesium reguliert. (6) Nur an diese Transportmoleküle gebundenes Vitamin D kann jedoch vom Körper korrekt verstoffwechselt werden und seine Wirkung entfalten. Allein durch diesen Zusammenhang sind bereits alle Aspekte des Vitamin-D-Stoffwechsels direkt von Magnesium abhängig: Die Wirksamkeit von Vitamin D wird wesentlich durch eine ausreichende Versorgung mit Magnesium bestimmt. (7)
Alle Aspekte des Vitamin-D-Stoffwechsels sind von Magnesium abhängig. |
Magnesium und die Vitamin-D-Regulation
Erst seit etwas jüngerer Zeit ist noch ein weiterer, etwas komplexerer Zusammenhang bekannt geworden. Die Synthese des aktiven Vitamin-D-Hormons wird unter anderem durch das sogenannte Parathormon (PTH) reguliert: Je höher dabei der PTH-Spiegel, desto mehr aktives Vitamin D wird gebildet. PTH wiederum wird hauptsächlich durch Calcium moduliert – je niedriger der Calcium-Spiegel, desto mehr PTH wird gebildet. Das PTH sorgt dann für eine stärkere Aktivierung von Vitamin D, was die Calcium-Aufnahme fördert. Wie sich nun herausstellt, hat aber auch Magnesium eine erhebliche Wirkung auf den PTH-Spiegel. Die Abhängigkeit ist dabei glockenförmig: Sowohl bei sehr hohen als auch bei sehr niedrigen Magnesium-Spiegeln wird kein PTH mehr ausgeschüttet. (8, 9) In beiden Fällen wird in der Folge auch viel weniger Vitamin-D-Hormon gebildet. Ein Magnesium-Mangel blockiert also in erheblichem Maße den gesamten hormonellen Regelreis aus PTH, Calcium und Vitamin D und verhindert eine gesunde Selbstregulierung des Körpers und die Bildung des aktiven Vitamin-D-Hormons.
Ein Magnesium-Mangel behindert die körpereigene Regulation von Vitamin D. |
Vitamin-D-Resistenz? Magnesiummangel!
Diese Zusammenhänge lösen das Rätsel der sogenannten „Vitamin-D-resistenten“ Rachitis: Immer wieder wurden in der Literatur Fälle von Vitamin-D-Mangel beschrieben, die sich durch eine Gabe von Vitamin D nicht ausgleichen ließen. Heute ist klar: In diesen Fällen konnte eine Gabe von Vitamin D deshalb nicht zum Ziel führen, weil gleichzeitig ein starker Magnesium-Mangel vorlag. Vitamin D konnte damit nicht in seine aktive Form umgewandelt werden und blieb wirkungslos. Gleichzeitig blockierte der Magnesium-Mangel die PTH-Produktion, was die Rachitis noch verschlimmerte. Erst in den 70er Jahren wurde dieser Zusammenhang erkannt – und konnte schließlich auch praktisch bewiesen werden: Durch eine Gabe von Magnesium kann das Vitamin D aus dieser Sackgasse befreit und der Mangel schließlich behoben werden. (10, 11) Allein durch die Gabe von Magnesium normalisieren sich in diesen Fällen die Spiegel von Vitamin-D-Hormon, PTH und Calcium.
Ohne Magnesium bleibt Vitamin D wirkungslos. |
Magnesium-Mangel durch Vitamin-D-Therapie
Aber auch umgekehrt ist der Zusammenhang von Vitamin D und Magnesium von großer Bedeutung. Eine hochdosierte Therapie mit Vitamin D hat gleich mehrere Effekte auf den Magnesium-Haushalt.
- Erhöhter Magnesium-Verbrauch Es werden große Mengen Magnesium für die Synthese der Enzyme und Transportmoleküle verbraucht.
- Erhöhte Ausscheidung von Magnesium Große Dosen von Vitamin D führen zu einer vermehrten Ausscheidung von Magnesium (12-14)
- Erhöhte Aufnahme von Magnesium Die Aufnahme von Magnesium im Darm erhöht sich als zufälliger Nebeneffekt der verbesserten Calcium-Aufnahme teilweise leicht – jedoch ist der Verlust über die Ausscheidung größer. (15, 16)
Liegt bereits eine Unterversorgung mit Magnesium vor, kann sich diese durch eine Einnahme von hochdosiertem Vitamin D schnell zu einem Magnesium-Mangel ausweiten.
Hochdosiertes Vitamin D kann einen Magnesium-Mangel verursachen. |
Dieser Zusammenhang erklärt fast alle schon bei mittleren Dosen Vitamin D teilweise beobachteten angeblichen Nebenwirkungen des Vitamin D wie Herzstolpern, Kopfschmerzen, Muskelkrämpfe und Angstattacken. Diese Symptome sind oftmals kein Zeichen einer Überdosierung von Vitamin D, sondern eines sekundären Magnesium-Mangels. Ohne die gleichzeitige Einnahme von Magnesium kann sich eine hochdosierte Vitamin-D-Therapie in diesen Fällen also negativ auswirken, weshalb gerade im Rahmen einer hochdosierten Anfangstherapie sehr zu einer zusätzlichen Magnesium-Supplementation zu raten ist.
Verfälschung von Vitamin-D-Studien durch Magnesium
Der Zusammenhang von Vitamin D mit Magnesium wird erstaunlicherweise von der aktuellen Vitamin-D-Forschung hartnäckig ignoriert. Führt man sich die zentrale Bedeutung von Magnesium im Vitamin-D-Stoffwechsel vor Augen, ist es doch sehr befremdlich, warum bei Studien zur Wirksamkeit von Vitamin D nicht auch der Magnesium-Spiegel mit erhoben wird. Zahlreiche Widersprüche zwischen verschiedenen Studien ließen sich durch unterschiedliche Magnesium-Spiegel leicht erklären. Es ist zu hoffen, dass die Vitamin-D-Forschung hier bald über den Tellerrand blickt und aufhört, Vitamin D isoliert zu betrachten – dies macht bei keinem Vitamin so wenig Sinn wie bei Vitamin D und seinem komplizierten Regulations-Netzwerk.
Magnesium in der Vitamin-D-Therapie
Magnesium-Mangel ist weit verbreitet – in Deutschland leiden etwa 33 Prozent der Bevölkerung an einer Unterversorgung. (17) In den USA wird von etwa 48 Prozent der Bevölkerung ausgegangen. (18) Die tatsächlichen Zahlen dürften vermutlich noch weit darüber liegen. Ein Magnesium-Mangel ist ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko und sollte dringend behoben werden. Vor diesem Hintergrund und Aufgrund der engen Beziehung von Magnesium und Vitamin D ist mindestens während einer hochdosierten Anfangstherapie eine zusätzliche Aufnahme von Magnesium zu empfehlen
Magnesium in der Anfangstherapie
Wir empfehlen: 200-300 mg Magnesium pro Tag während der Anfangstherapie. |
Diese Menge reicht wohlbemerkt nicht aus, um den gesamten Bedarf zu decken, sondern soll sicherstellen, dass während der Therapie kein Magnesium-Mangel entsteht und das Vitamin D seine gewünschte Wirkung entfalten kann. Zu Deckung des Tagesbedarfs sind etwa 400mg Magnesium nötig.
Magnesium in der Erhaltungstherapie
Auch während der Erhaltungstherapie ist Magnesium wichtig – ob hier eine Supplementation nötig ist, hängt von der individuellen Magnesium-Versorgung ab. Generell würden vermutlich die meisten Menschen von einer zusätzlichen Zufuhr von Magnesium sehr profitieren – trotzdem ist eine allgemeine Empfehlung hier nicht zwingend.
Magnesium-Präparate für die Vitamin-D-Therapie
Bei der Substitution von Magnesium werden derzeit zwei verschiedene Aufnahmewege vorgeschlagen:
- Oral: Durch Kapseln, Tabletten, Pulver oder Lösungen
- Transdermal: Durch die Haut, durch Magnesium-Bäder oder Magnesium-Öl
Orale Magnesium Präparate
Es besteht eine große Auswahl an mittlerweile über 20 Magnesium-Wirkstoffen. Magnesium ist dabei aus chemischen Gründen stets an einen Bindungspartner gebunden und formt verschiedene Salze. Diese Magnesium-Formen unterscheiden sich durch ihre Bioverfügbarkeit, ihren Gehalt an elementarem Magnesium, die Stärke ihrer abführenden Wirkung und die eigene Wirkung des Bindungspartners. Einige Wirkstoffe sind heute auch in Magnesium-Mischungen erhältlich, die jeweils in verschiedenen therapeutischen Bereichen eingesetzt werden. Folgende Magnesium-Formen halten wir für besonders empfehlenswert. Fett markiert sind die in unseren Augen besten Formen für einen Allround-Einsatz. Die anderen Formen haben zum Teil eine eher spezielle Wirkung.
Inorganische Salze (Magnesium+Element) | Organische Salze (Magnesium+organische Säure) | Chelate (Magnesium+Aminosäure) |
Mg-Chlorid | Mg-Citrat Mg-Malat Mg-Gluconat Mg- Ascorbat Mg-Threonat | Mg-Glycinat Mg-Taurat Mg-Orotat Mg-Lysinat |
Magnesium-Citrat und Magnesium-Glycinat sind die besten Allround-Formen von Magnesium. |
Transdermale Aufnahme von Magnesium
Die transdermale Aufnahme von Magnesium ist derzeit kaum erforscht, Alternativmediziner gehen davon aus, dass die Aufnahme auf diesem Weg möglicherweise höher ist, als bei einer oralen Gabe.xix Bei einer oralen Gabe sind der Magnesium-Aufnahme Grenzen gesetzt, da es in höheren Dosen abführend wirkt. Derzeit gibt es jedoch keine klinischen Studien, die eine Aufnahme von Magnesium durch die Haut belegen, oder Anhaltspunkte dafür geben, wie viel Magnesium auf diesem Wege aufgenommen werden kann. Eine generelle transdermale Aufnahme konnte allerdings scheinbar nachgewiesen werden. (20, 21) Transdermale Präparate können sehr leicht selbst und kostengünstig aus Magnesium-Sulfat (Bittersalz/Epsom Salt) oder Magnesium-Chlorid hergestellt werden. Die meist sehr kostspieligen kommerziellen Magnesium-Öle bieten selten einen Vorteil gegenüber solchen selbst hergestellten Lösungen. Zum Zwecke der Anwendung wird Magnesium-Salz (Mg-Chlorid oder Mg-Sulfat) in Wasser gelöst und als Voll- oder Fußbad angewendet. Hohe Konzentrationen haben eine ölige Konsistenz und können direkt auf die Haut aufgetragen werden, weshalb man in diesen Fällen von Magnesium-Öl spricht.
Fazit Vitamin D und Magnesium
Der Zusammenhang von Vitamin D und Magnesium ist der vielleicht wichtigste und gleichzeitig meist ignorierte Zusammenhang von Vitamin D mit seinen Kofaktoren. Besonders in der Forschung ist hier dringend ein Umdenken nötig. Für die hochdosierte Vitamin-D-Therapie ist eine zusätzliche Einnahme von Magnesium sehr zu empfehlen und auch in der Erhaltungstherapie ist sie oftmals sinnvoll. Beide Nährstoffe für sich allein zeigen schon beeindruckende Ergebnisse in zahllosen Studien – kombiniert sind sie ein großer Baustein in einer ganzheitlich orientierten Gesunderhaltung.
Quellen
- Zofková I , Kancheva RL. The relationship between magnesium and calciotropic hormones. Magnesium Research : Official Organ of the International Society for the Development of Research on Magnesium [1995, 8(1):77-84]
- Risco F, Traba ML. Influence of magnesium on the in vitro synthesis of 24,25-dihydroxyvitamin D3 and 1 alpha, 25-dihydroxyvitamin D3. Magnes Res. 1992;5:5–14.
- Risco F, Traba ML. Possible involvement of a magnesium dependent mitochondrial alkaline phosphatase in the regulation of the 25-hydroxyvitamin D3-1 alpha-and 25-hydroxyvitamin D3-24R-hydroxylases in LLC-PK1 cells. Magnes Res. 1994;7:169–178.
- Rösler A, Rabinowitz D. Magnesium-induced reversal of vitamin-D resistance in hypoparathyroidism. Lancet. 1973 Apr 14;1(7807):803-4.
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- Rosanoff, Andrea, Connie M. Weaver, and Robert K. Rude. „Suboptimal magnesium status in the United States: are the health consequences underestimated?.“ Nutrition reviews 70.3 (2012): 153-164.
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- Laudanska, H., et al. Permeability of human skin to selected anions and cations–in vitro studies. Research communications in molecular pathology and pharmacology, 2001, 112. Jg., Nr. 1-4, S. 16-26
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